Eine normale Arbeitswoche

Dienstag, 12.09.2017

 

Wir erreichen das Center um ca 9.30 Uhr. (Wir nehmen morgens den Bus um 8 Uhr. Anders als in Deutschland allerdings fahren die Busse erst, wenn sie voll sind. Das heißt, dass wir bei unserem Zwischenstopp immer warten müssen, bis genügend Leute im Bus sitzen. Das kann unter Umständen schon mal 30 Minuten dauern.) Nach der Begrüßung aller anwesenden Kinder und Schwestern gehen wir in die Klasse.

Bis 10 Uhr unterrichtet die Lehrerin Constantine noch frontal vorne an der Tafel. Diesmal ist der Kinyarwanda-Unterricht grade vorbei und wir beginnen mit Mathematik. Viele der Kinder sind in der Lage, dem Unterricht an der Tafel zu folgen. Allerdings nicht alle. Beatha und Ganza brauchen eine extra Betreuung, da sie ansonsten überfordert wären. Auch die Kleinen weiter vorne – Fillette, Antoine, Muhoza und Grace - können dem Unterricht zwar folgen und verstehen, was Constantine sagt. Allerdings brauchen sie hin und wieder eine Einzelbetreuung, in der Constantine ausschließlich einen anspricht und die Zahlen mit ihnen durch geht. Ab 10 Uhr folgt dann nach einer kurzen Auflockerung, in der Lieder gesungen werden, die Einzelarbeit. Teilweise wurden die Aufgaben dafür bereits am Vortag vorbereitet, teilweise wird auch spontan geschaut, was gemacht werden soll. Wenn jemand zwischendurch auf die Toilette muss, zeigen die Kinder auf ihre Blase und sagen dabei „Po“. Manchmal müssen wir noch Constantine oder eine Schwester fragen, ob er/sie wirklich auf die Toilette muss aber meistens erkennen wir das selbst. Dann schieben wir sie zur Toilette. Alles weitere machen dann die Schwestern.

Um 11 Uhr wird dann eine Geschichte vorgelesen. Manchmal ist es auch eine Bibelstelle. Die Kinder dürfen sich die Geschichte immer selbst aussuchen. Nach dem Beten begleiten wir die Kinder in den Essraum, in dem das Essen angereicht wird. Auch da helfen wir den Schwestern und Constantine. Es gibt dabei einige schwierig zu fütternde Kinder, die aber meistens die Schwestern selbst übernehmen.

 Um ca. 12.30 Uhr bekommen wir dann unser Essen in einem separaten Raum. Vor und nach dem Essen wird gebetet. Was genau wir und die Kinder zu Essen bekommen erklären wir noch mal in einem anderen Post.

Nachmittags ist dann freie Zeit, in der wir selbstständig Dinge mit den Kindern machen können. An diesem Tag gehen wir zuerst mit den Kindern zum Tor, um Autos zu gucken. Sie sind davon immer sehr begeistert. Anschließend bereiten Lena und ich die Mathehefte für den nächsten Tag vor. Dabei setzen wir Ganza, Grace und Antoine ins Bällchenbad, in dem sie sich vergraben und die Bälle raus schmeißen. Grade letzteres macht ihnen ziemlich viel Spaß, weil sie wissen, dass wir die Bälle alle wieder einsammeln dürfen. Ein paar der Kinder geben wir Stifte und Papier zum Malen und am Ende kleben wir Bilder mit Bohnen (oder auch Nüssen, wir haben es noch nicht ganz heraus gefunden). Zwischen 15 und 16 Uhr ist unser Arbeitstag dann beendet.

 Mittwoch 13.09.17

 

Der Mittwoch ist bislang noch unser freier Tag. Wir haben uns für den Anfang für eine vier Tage Woche entschieden, da keiner von uns bisher mit behinderten Kindern zusammen gearbeitet hat. Viele von ihnen haben ein schreckliches Schicksal und sind auf sehr viel Unterstützung angewiesen. Da dies im besonderen Maße eine Belastung für die Psyche darstellt, unterbrechen wir unseren Alltag in der Mitte. Da ist dann Zeit für waschen, einkaufen, kochen aber manchmal auch für andere Unternehmungen. Zudem kommt um 16 Uhr unsere Kinyarwanda-Lehrerin Annonciata zu uns nach Hause und gibt uns eine Stunde Unterricht.

Donnerstag, 14.09.17

 

Wieder erreichen wir das Center erst um 9.30 Uhr. An diesem Tag gehen wir wie jeden Donnerstag in die Physiotherapie. Dort arbeitet Sylvain als einziger Physiotherapeut. Manchmal hilft ihm die ein oder andere Schwester. Nach unserer Einarbeitung werden wir an zwei verschiedenen Tagen dort aushelfen.

Wir starten erst einmal damit, die anwesenden Kinder richtig zu positionieren. Da viele von ihnen nicht selbstständig und ohne Aufsicht sitzen können, liegen sie meist auf dem Rücken. Zur Schonung der Gelenke und der Muskulatur versuchen wir die Kinder in eine physiologische Position zu legen. Anschließend wird mit den Kindern in Einzelbetreuung gearbeitet, um verschiedene Dinge zu üben bzw. die Muskulatur zu stärken. Dazu setzen wir die Kinder auf und versuchen sie möglichst frei sitzen zu lassen. Da manche Kinder auch in der Lage sind mit Unterstützung zu laufen, geben wir den Kindern eine Stütze zur Hand, um anschließend mit ihnen ein paar Minuten zu laufen.

 Einige der Kinder leiden unter mehr oder weniger häufigen Muskelkrämpfen. Das bedeutet, das ihre Muskulatur häufig unter Spannung steht. Diese Kinder sitzen oder liegen dann auch meistens in einer sehr verkrampften Position. Um in den Gelenken und in der Muskulatur die Beweglichkeit zu erhalten, bewegen wir vorsichtig die Gelenke und dehnen dadurch die betroffene Muskulatur. Wir fangen dabei bei den kleinen Gelenken, also den Finger- und Fußgelenken an und arbeiten uns langsam bis zur Schulter und Hüfte vor. Das ist manchmal einfacher gesagt als getan, da wir immer darauf achten müssen, dass wir den Kindern nicht weh tun und sie sich dabei möglichst wohl fühlen. Es gilt, immer mit den Kindern und nicht gegen sie zu arbeiten.

Ab 11.30 Uhr werden die Kinder nach und nach zum Essen gebracht. Meistens bleiben wir allerdings so lange in der Physiotherapie, bis wir selbst unser Mittagessen bekommen. Nach dem Essen geht es weiter mit Einzelbetreuung, vor allem mit den Kindern, die morgens in der Klasse gewesen sind. Wir laufen und spielen mit ihnen und manchmal helfen wir auch an diesem Tag Constantine in der Vorbereitung für den nächsten Tag. Zwischen 15 und 16 Uhr fahren wir dann wieder nach Hause.

Freitag, 15.09.2017

 

Vormittags

Der Freitagmorgen läuft ähnlich ab, wie der Dienstagmorgen. Wenn wir in Gahanga ankommen, begrüßen wir zunächst alle Schwestern und Kinder, sowie Sylvain (der Physiotherapeut) und Constantine (die Lehrerin). Dann bleiben wir bei Constantine in der Klasse und unterstützen sie, indem wir uns mit den Kindern beschäftigen, die ihrem Unterricht nicht folgen können. Bisher kümmern wir uns viel um Beatha und Ganza. Da Beatha nahezu taub ist, verständigen wir uns mit ihr durch Zeichensprache und lernen mit ihr gemeinsam Zahlen und Buchstaben. So haben auch wir mittlerweile zumindest die Zahlen von 1-10 in Zeichensprache gelernt. Außerdem gibt es Dosen mit auseinander geschnittenen Wörtern auf Kinyarwanda, die Beatha zusammenlegen soll. Bei einigen Wörtern muss man ihr ein wenig auf die Sprünge helfen, doch mit der Zeit schafft sie es meistens. Auch Ganza hat Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen und bekommt daher andere Aufgaben. Häufig trainiert er mithilfe von Buchstaben und Zahlenpuzzles seine Feinmotorik oder lernt, wie Beatha, von 1-10 in Zeichensprache zu zählen. Wenn Ganza fertig gepuzzlet hat, werden Matten auf dem Boden ausgebreitet und Spielsachen geholt. Meistens spielen Fillette, Ganza und Grace damit. Zwischendurch werden Lieder gesungen und von Constantine mit einer Trommel begleitet. Mittlerweile können auch wir bei einigen Liedern mitsingen und die Melodien wollen uns manchmal gar nicht wieder aus dem Kopf gehen.

 

Mittags

Gegen halb 12 wird im Klassenraum gebetet und danach geht es auf zum Mittagessen in den Nebenraum. Dort unterstützen wir die Schwestern beim Essen anreichen, was manchmal gar nicht so leicht ist. Wenn alle Kinder satt sind, dürfen auch wir zum Mittagessen gehen. Meistens essen ein bis zwei Schwestern mit uns und auch mit diesen beten wir gemeinsam.

 

Nachmittags

Freitags ist Sport angesagt! Oft holen wir das Schwungtuch und die Schaukeln raus, da das den Kindern besonders viel Spaß macht. Das Schwungtuch eignet sich auch besonders gut als Sonnenschutz, weil es nachmittags doch sehr warm sein kann. Aber auch wir betätigen uns sportlich. Diesen Freitag haben wir z.B. mit Sylvain und Constantine Volleyball gespielt und später haben sich auch Fillette und Grace beteiligt. Natürlich ist nicht jeder dazu in der Lage, beim Sport mitzumachen, doch die meisten freuen sich auch einfach rauszugehen, unter dem Schwungtuch zu liegen oder mit dem Ball zu spielen.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Christa Langenhorst (Mittwoch, 20 September 2017 20:44)

    Hallo Lena und auch Hallo Maria!!!!
    Es ist so schön und spannend was ihr schreibt. Ein paar Tage hatte ich nicht auf eurer Seite geschaut, und nun sehe und lese ich von euren ersten Schulerfahrungen.
    Ganz viele Dinge mache auch ich in meiner Schule und kann mir sehr gut vorstellen, wieviel Spaß und Freude ihr an der Arbeit habt. Aber ich finde es sehr gut, dass ihr auch merkt, bei aller Freude und Anteilnahme an dem Schicksal der Schüler muss man auf sich achten. Es ist bestimmt nicht leicht, diese Schicksale zu hören und zu sehen und erleben. Aber ich muss wirklich sagen, auf vielen Bildern sehen sie glücklich und zufrieden aus. Das ist ein sehr großer Erfolg von jedem aus eurem Team. Ihr macht so tolle wertvolle Arbeit und gebt den Kindern eine Chance zu wachsen, zu lernen und ganz viel Spaß zu haben. Ich habe den größten Respekt vor eurer Arbeit, macht weiter so.
    Liebe Lena ich bin total begeistert und Stolz auf dich. Ich denke oft an dich und deine Arbeit.
    Sei ganz lieb gegrüßt und umarmt.
    Christa

  • #2

    Lena Mölleney (Mittwoch, 04 Oktober 2017 12:04)

    Hallo Christa,
    wir freuen uns sehr über deinen lieben Kommentar! Wir haben wirklich viel Spaß bei unserer Arbeit und beim Blog schreiben und es ist schön zu hören, dass du an uns denkst!

  • #3

    Bernd Brüninghoff, Dorsten (Donnerstag, 19 Oktober 2017 21:22)

    Hallo Maria,
    von Stefan aus dem BE FIT in Dorsten habe ich eure WEB-Adresse erhalten. Eure Berichte sind spannend und vielleicht auch für viele ermutigend. Ich finde euren Einsatz in höchstem Maße mutig und bemerkenswert, es verdient größten Respekt, wie ihr euch selbstlos für die Schwächsten der Schwachen einsetzt! Euch beiden noch eine gute Zeit im Herzen von Afrika.

    Herzliche Grüße aus Dorsten

    Bernd Brüninghoff

  • #4

    Andrea Berger (Samstag, 21 Oktober 2017 16:09)

    Hallo Maria und Lena
    Ihr könnt wirklich stolz auf Eure Arbeit sein. Es gefällt mir sehr, zu lesen, dass Eure Schützlinge die Schule beduchen dürfen.
    Die Fotos zeigen, dass Ihr alle, trotz det Umstände, Spass habt. Und das ist so wichtig, bei den Schicksalen Eurer Schützlinge, die Euch sicherlich auch viel abverlangen, trotzdem lachen zu können.
    Maria, wir vermissen Dich im Studio.